Das Ehrenletzbergerhaus
Verbunden bin ich mit diesem Haus seitdem ich 1985 nach Linz gekommen bin. Umstellungen, größere und kleinere, hat es inzwischen mehrere gegeben, im Haus wie auch in meinem Leben, aber verbunden sind wir nach wie vor, das Haus und ich.
Das Haus hat eine ganz eigene Persönlichkeit. Diese ist nicht düster wie manche Häuser um den Hauptplatz herum, die zu viel Leid beherbergen mussten, doch auch nicht heiter oder verspielt. Dafür ist das Haus mit seinen 500 Jahren längst zu alt. Es ist eher verschmitzt, mitunter auch etwas listig. Die verschiedensten Wasser-, Strom-, und Telefonleitungen, die sich mit der Zeit unter den dicken Mauern abgelagert haben, laufen labyrinthartig, ergeben oft überraschenden, verwirrenden Verbindungen. Oder gar keine. Techniker, die das Haus selbstbewusst betreten, um irgendwelche gemeldeten Störungen mit zielsicherem Griff zu beheben, verlassen es wieder mit glasigen Augen und schweren Zweifeln am eigenen Können.
Mit Zuneigung für dieses Haus sehe ich einfach zu, wie Öffnungen verschwinden, wie andere an einer neuen Stelle auftauchen, wie die Räume sich verschieben und sich immer wieder neu zusammensetzen, während hoch oben die zwei kitschigen Statuen gleichgültig nicht einmal hinschauen.
In meinem Büro im zweiten Stock steht ein Kasten. Er passt nicht zur restlichen Möblierung, und ich brauche ihn eigentlich nicht. Er steht nur deswegen da, weil die Tür, durch die er ursprünglich hineingetragen wurde, nicht mehr vorhanden ist. Dafür gibt es an einer anderen Stelle eine andere Tür, aber sie ist zu klein für den Kasten. Als ich mein Büro eingerichtet habe, habe ich den Kasten als ein Geschenk des Hauses einfach angenommen. Aus Dankbarkeit, weil das Haus beschlossen hat, mich zu behalten. In diesem eigenwilligen alten Haus ohne rechten Winkel darf ich bleiben.